Mittwoch, 12. Oktober 2011

Auch das noch

Zu allem Überfluss stellt sich jetzt noch heraus, dass die seemännischen und navigatorischen Eigenschaften von Thomas alles andere als toll sind. Leider denkt er, er sei der Größte, was das Verbessern etwas schwierig macht. Solange wir nur in der südlichen Nordsee oder im Ärmelkanal rumgurken, ist es noch ganz lustig. Aber auf der Biskaya sieht die Sache schon anders aus.
Andererseits konnte ich mich letzte Nacht um 2:00 Uhr mit der Gewissheit in die Koje hauen, nichts zu verpassen. Und tatsächlich schipperte die Knulp 7 Stunden später nur wenige Seemeilen von dem Punkt entfernt, wo ich mich aufs Ohr gehauen habe. Mit jeder Wende hoch am Wind fährt der Kapitän fast den gleichen Weg zurück, den er gekommen ist. Und das unter Besegelung und stundenlangem Mitlaufen des Außenborders. Leider geht der Sprit durch 3, dennoch konnte ich mich schön amüsieren.
Bin gespannt, ob das noch besser wird.



Oben ein paar aktuelle Fotos vom Boot in Stellendam und Vlissingen (beides Holland).

Dienstag, 11. Oktober 2011

Logbuch 09.+10.10.2011

Sonntag, 09.10.11


Geschrieben am 09.10.11 gegen 23:00 Uhr

Regenschauer, Wind aus S bis SW, in Böen 6-7 Bft.

Start: Stellendam

Um 8:00 Uhr Andreas verabschiedet.

Nach dem Frühstück zum benachbarten Sportboothafen gefahren und Wasser gebunkert. Anschließend Fluxgate-Kompass vom Autopiloten kallibriert.

Gleich anschließend durch die Schleuse, weil diese gerade öffnete. Mein Einwand, wegen des vorhergesagten schlechten Wetters lieber auf den Binnengewässern nach Süden zu segeln, wurde vom Skipper abgetan.

Lt. Skipper die letzte Schleuse bis Panama.

Anschließend Linda (Freundin von Achim) verabschiedet, das 3. Reff ins Groß gemacht und dann um 14:00 Uhr trotz Gegenstrom und Gegenwind rausgefahren. Mein Vorschlag, erst gegen 19:00 Uhr abzulegen, weil dann der Strom wegen des auflaufenden Wassers abzulegen, wurde vom Skipper abgetan (wir müssen vorankommen). Unser erstes Ziel soll Zeebrügge sein. Unter Motor gegen Wind und Strom fahren wir max. 1,5 kn. Nach Abschalten des Motors legen wir Kompasskurs 270 Grad an. COG ist durch Abdrift aber 300 Grad und mehr. Statt in südliche Richtung, fahren wir also nach WNW. Dann geht uns in schneller Reihenfolge erst ein Karabikerhaken kaputt, der die Spannung im Unterliek im 3. Reff halten soll und dann schlagen die Wellen mit solcher Wucht gegen die Unterseite des Decks, dass Wasser durch die Ritzen der Notausstiegsklappe schlägt  und wir permanent Wasser aufwischen müssen. Das notdürftige Abdichten schlägt leider fehl, das Tape klebt nicht und wir haben auch nicht genug. Schließlich schafft das Wasser es sogar, den Verschluss der Notausstiegsluke rauszubrechen. Nun muss permanent einer auf der Luke stehen, damit das Wasser nicht die Luke aufreisst und das Boot voll läuft. Wir entscheiden uns, nach Stellendam zurück zulaufen, um entsprechende Reparaturen durchführen zu können. Vor dem Wind und mit dem Strom schaffen wir bis zu 8 kn. Gegen 20:30 Uhr liegen wir wieder fest am Steg, außen vor der Schleuse. Alle haben Hunger und Durst.

Ziel: Stellendam

Strecke: 28,1 sm

Zeit in Fahrt: 6:30 Stunden

Fazit:

Achim macht alles und jede Arbeit, Skipper redet viel und wiederholt sich ständig, keine gute Seemannschaft. Die Papier-Seekarte ist von 1996 und bis 2002 berichtigt. Das gesamte Fahrwasser ist in der Karte nicht vorhanden.Sowas nutze ich als Geschenkpapier, für die Navigation in Tidengewässern sollte die Karte nicht älter als von der Vorsaison sein.



Montag, 10.10. 2011


Geschrieben um 15:14 Uhr

Ort: Stellendam (Hafentag)

Ab ca 2:30 Uhr nachts hat es zu stürmen angefangen. Gut das wir uns gestern entschieden haben,zurück zu laufen. Anderenfalls wäre der erste Seenotrettungsfall höchstwahrscheinlich eingetreten.

Nach dem Frühstück gegen 10:00 Uhr haben wir Klarschiff gemacht. Dazu gehörte umfangreicher Abwasch und die Trockenlegung beider Rümpfe. Wir haben 50-60 Liter Wasser aus den Bilgen geholt. Da wir gestern unterwegs auch schon permanent geschöpft haben, sind durch die Notfallluke innerhalb kürzester Zeit ca. 100 Liter Wasser eingedrungen.

Die ganze Reinigungs- und Trockenlegungsaktion hat knapp 2 Stunden in Anspruch genommen.

Anschließend wurde die Notausstiegsluke inspiziert. Dabei handelt es sich um eine 60x50 cm große Luke, die im Boden zwischen den Rümpfen eingelassen ist und die Flucht aus dem Boot im Falle eines Kentern sicherstellen soll. Hier war die Verriegelung herausgerissen. Durch diese Luke haben wir dann den Abstand zum Wasser gemessen. Es sind 38 cm. Laut den Konstruktionsplänen sollen es 60 cm sein. Das Boot liegt also viel zu tief, weil es zu schwer ist. Das zwischen den Rümpfen durchgepresste Wasser hat also viel weniger Raum sich auszubreiten, so dass es mit deutlich mehr Kraft als vorgesehen, gegen die Unterseite des Bootes schlägt.

Die Luke ist durch die Verlegung eines umlaufenden Moosgummis abgedichtet und durch überlappende und im Rumpf verschraubte VA-Platten gesichert worden. Der Skipper meint, dass das jetzt hält. Wir werden sehen.



Zwischenmenschliches

Mit Achim komme ich gut klar. Er weiß auch den Skipper zu nehmen. Ich habe da so meine Probleme.

Die Sprache und das Benehmen von Thomas gehen mir auf die Nerven. Er spricht immer nur vom Fressen, Saufen und von seinen Heldentaten aus der Vergangenheit und das hier alles Scheiße ist und er auf jeden Fall weg will, zur Not unter permanenter Zuhilfenahme des Motors. Müll wirft er einfach über Bord, den Abwasch macht er mit kaltem Wasser und dann auch noch mit Seewasser. Die Vorstellung, dass das Geschirr mit dem Wasser gewaschen wird, in das soeben noch die Fäkalien aus der Toilette gegangen sind, ist nicht schön. Nach Möglichkeit versuche ich, den Abwasch daher selber zu machen. Diese Ausdrucksweise und Einstellung kann ich nicht den ganzen Tag hören und mir erst Recht nicht vorstellen, dies ein ganzes Jahr über mitzumachen.

Früher oder später muss ich diesen Punkt ansprechen. Habe noch keine Ahnung, wie Achim das sieht.



Das nächste Problem ist das Thema Seemannschaft. Thomas scheint sich nicht bewusst zu sein, dass von seinen Entscheidungen nicht nur das Boot sondern auch das Wohl seiner Mitsegler abhängt. Von Törnplanung unter Berücksichtigung der Gezeiten und der Welle kann nicht die Rede sein. Er nimmt uns in seinen Entscheidungen nicht mit, sondern macht, was er für richtig hält. Eine gemeinsame Törnbesprechung gibt es nicht. Dann kommen solche Sachen wie gestern dabei raus. Wir sind keinen Meter in die Richtung gekommen, in die wir wollten. Als Testfahrt war es aber aufschlussreich.

 Die Holepunkte fürs Vorsegel sind nicht optimal. Das Großsegel macht nicht den Eindruck, dass es lange hält. Gerefft steht es schlecht, das Tuch macht keinen stabilen Eindruck und die ehemaligen Segelnummerns hängen herunter. Teilweise gehen die Belegklemmen nicht richtig. Klampen, um die Leinen nach der Winsch zu belegen, gibt es nicht. Für das Cockpit fehlt ein GPS-Gerät. So kann man am Kartentisch zwar den Kurs ermitteln und an den draußen Steuernden durchgeben, dieser hat aber nur den normalen Kompass, der Versatz durch Strom und Wellen nicht berücksichtigt. Dies wird vermutlich dadurch behoben, das ein Laptop mit Navigationsprogramm auf dem Salontisch für den Steuermann gut sichtbar befestigt wird. Eine gute Lösung. Insgesamt haben wir 3 Laptops mit solchen Programmen zur Verfügung. Aktuellstes elektronisches Kartenmaterial ist von 2006.

Insgesamt bekommt man den Eindruck, dass dem Eigentümer am Ende das Geld ausgegangen ist und an Takelage, Segeln und Beschlägen gespart werden musste.

Sonstiges:
Habe heute mal den Ort Stellendam besucht, der 2 km vom Boot entfernt liegt. Absolut tot, ähnlich wie in Gähnemark. Fast jedes 10. Haus ist „te koop“. Besuch hat sich nicht gelohnt.

Aber es gibt ein Hallenbad. Vielleicht werde ich das morgen mal aufsuchen. Auch fährt ein Bus nach Rotterdam.